B2B Online Marketing - Pro und Contra
Jan 2 •
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Marketing
•Im B2B-Bereich laufen bereits über 70 % des Informationsprozesses online, bevor potentielle Kunden den ersten Kontakt via Telefon oder persönlich aufnehmen. B2B-Einkäufer werden immer jünger, erwarten exzellente Internetauftritte, bei denen Preise und Ansprechpartner durch eine einfache Navigation intuitiv auffindbar sind.*
Es gibt wesentliche Unterschiede zwischen B2C und B2B Online Marketing. Im B2C Online Marketing ist es sehr gut möglich, bestimmte Zielgruppen gezielt zu erreichen. Je spezieller allerdings das Thema wird und je kleiner die Zielgruppe, desto schlechter funktionieren Standard Vorgehensweisen. Gerade bei B2B Kampagnen ist dies oft der Fall. Folgende Probleme stellen sich meistens für solche Werbekampagnen:
Schwierige Erfolgsmessung
Das Grundproblem für die Etablierung von Online-Marketing-Maßnahmen bei B2B-Kampagnen ist das Fehlen des größten OM-Vorteils: Die gute Messbarkeit. Entgegen den sehr kurzen und teilweise spontanen Kaufentscheidungsprozessen von Konsumgütern – wie z.B. T-Shirts – sind die Entscheidungsprozesse bei B2B wesentlich länger.
Im Idealfall kann man als Fashion-Shop Betreiber den Verkauf des o.g. T-Shirts sofort im Live-Tracking mitverfolgen. Wenige Minuten danach sieht man in Google Analytics schon alle relevanten Informationen über die Konversion. Der generierte Umsatz, die für den Verkauf verantwortliche Werbequelle und die verwendete Zahlungsart sind nur einige davon. Der Prozess vom ersten Besuch der Webseite bis zur komplett erfassten Konversion dauert unter Umständen gerade einmal 5 Minuten.
Das genaue Gegenteil trifft auf B2B zu. Vom ersten Besuch der Webseite kann durchaus – bis ein Vertrag zustande kommt und damit die Konversion – über 1 Jahr vergehen. Für teure Investitionsgüter wie große Produktionsmaschinen ist solch ein langer Entscheidungsprozess nicht unüblich. Bedingt automatisiert messbar ist hierbei nur der Erstkontakt, sofern dieser relativ zeitnah erfolgt. Der erfolgt meistens über einen klassischen Anruf, der sich durch Telefon-Tracking erfassen lässt oder durch ein Kontaktformular.
Schon hier treten die ersten technischen Hindernisse auf. Angenommen jemand sucht über einen Desktop-Firmenrechner nach einem Anbieter und klickt auf eine AdWords Anzeige. Einige Tage später ruft er mit seinem Firmen-Laptop auf Geschäftsreise die Anbieter-Seite via Direkt-Link auf und füllt das Kontaktformular aus. In diesem Fall wird AdWords keine Konversion zugewiesen, da der Cookie beim Firmen-Laptop fehlt (vorausgesetzt Cross-Device Tracking hat nicht gegriffen, was in über 90% der Fälle auch zutrifft). Eine gezielte Erfolgsmessung durch die analoge Erfassung von Lead-Quellen ist ebenfalls stark fehleranfällig und praktisch kaum umsetzbar.
Besucherzahlen und Lead-Zahlen können also nur als Indikator für die Beurteilung dienen. Sie zeigen auf, ob die investierten Werbeaufwendungen im Internet wirtschaftlich erfolgreich sind oder nicht.
Keywords und Kosten
"Ich möchte immer erscheinen, wenn ein potentieller Kunde bei Google nach „Produkt XY“ sucht!"
So in etwa lautet oft die Zielvorgabe bei unseren Kundenanfragen. Durchaus ein richtiger und wichtiger Gedankengang. Zwei Dinge sind bei dieser Zielsetzung allerdings besonders zu beachten:
Sucht meine Zielgruppe tatsächlich mit diesen Suchbegriffen?
Stimmt die Intention dieser Search Queries oder werden auch irrelevante Zielgruppen damit angesprochen (z. B. B2C)? Das kann der Rentabilität einer Kampagne im Weg stehen.
In vielen Fällen können wir durch eine ausführliche Keyword-Recherche zusammen mit dem Kunden lohnenswerte Potentiale identifizieren. Es zeigt sich allerdings auch, dass die Suchvolumina für zielgerichtete spezifische B2B Suchbegriffe meistens relativ gering ausfallen.
Oft handelt es sich dabei um Fachbegriffe, deren Identifizierung aufwendig ist. Der Adwords Consultant muss sich nämlich zunächst intensiv mit dem Kunden in ein Keyword-Thema einarbeiten.
Die mögliche Folge: Die Konzeption, Erstellung und Steuerung einer zielgerichteten B2B Kampagne erzeugt teilweise höhere Kosten als die eigentlichen Werbeausgaben.
Soziodemografisches Targeting und Interessen
Angenommen wir sind ein Spezial-Dienstleister, der die Entscheider und Entscheidungsvorbereiter bei für ihn relevanten Großkunden erreichen will. Dann reden wir häufig über sehr wenige Personen in sehr großen Unternehmen, die aber in der Zielgruppen-Betrachtung in der Masse untergehen. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass zielgruppenspezifische Streuverluste sehr hoch ausfallen, auch wenn man mit hoher Zielgruppen-Segmentierung vorgeht.
Beispiel: Zielgruppen
Dazu zwei Beispiele. Und bitte die stereotypische Auswahl nicht übel nehmen, aber so kommt die Botschaft am besten rüber ;-).
Beispiel Zielgruppe A:
Alter 30-60
Geschlecht männlich
Technischer Beruf / Ingenieur
Gehobene Gehaltsstufe
Interessiert in Technologie & Software
Darunter könnte sich der Ingenieur befinden, der genau mein spezielles Bauteil für die Lösung seiner derzeitigen Aufgabe benötigt. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass die meisten aus dieser Zielgruppe sich mit etwas völlig anderem beschäftigen und solche Entscheidungen gar nicht treffen und auch nicht am Entscheidungsprozess beteiligt sind.
Gegenbeispiel Zielgruppe B:
Alter 15-40
Geschlecht Weiblich
Interessen: Schuhe & Shopping
Wenn man diese Zielgruppe als Fashion-Onlineshop-Betreiber mit Werbung für Schuhe adressiert, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die meisten davon potentielle Kundinnen sind.
An diesem einfachen Beispiel wird bereits gut deutlich, dass obwohl für Zielgruppe A mehr segmentiert wurde, die Zielgruppe B wahrscheinlich zu weniger Streuverlusten führt.
B2B Online Marketing bietet auch Chancen!
Wenige Konversionen entscheiden
Wenn man im hoch speziellen B2B-Segment nur eine richtig gute Konversion generiert, refinanziert diese vielleicht das Online Marketing für JAHRE.
Dazu ein kleines Rechenbeispiel mit einem Großauftrag über 3,4 Millionen Euro mit 5 % Gewinnmarge:
5 % Gewinnmarge = 170.000 € Jahres OM-Budget = 40.000 € 170.000 / 40.000 = 4,25
Ergebnis = Die Online Marketing Tätigkeiten sind für über vier Jahre finanziert bevor sie ohne weitere Konversion unrentabel werden.
Das ist natürlich nur ein sehr einfaches Beispiel. Andere Faktoren – wie entgangener kalkulatorischer Gewinn anderer Projekte, die man auch ohne OM hätte annehmen können – sind nicht berücksichtigt worden. Aber das Prinzip sollte klar sein.
Entscheidungsprozesse werden digital, auch im B2B!
Die Online-Recherche ist laut vieler Studien inzwischen ein fester Bestandteil für fast alle Anschaffungs- und Investitionsentscheidungen. Wenn auch im B2B Segment nicht immer bei allen Entscheidern, dann zumindest bei den meisten Vorbereitern. In wenigen Jahren, wenn die Digital Natives altersbedingt in die Entscheider-Positionen vorrücken, wird sich auch das ändern.
Es geht auch gar nicht unbedingt darum mit jedem Besuch sofort eine Anfrage zu generieren. Vielmehr ist es entscheidend in seiner eigenen Branche sichtbar zu sein. Heutzutage gilt für Entscheidungsprozesse häufig: Was online nicht gefunden werden kann, das gibt es auch in der realen Welt nicht.
Im Prinzip reden wir an dieser Stelle über Branding, also die Steigerung der Markenbekanntheit. Nichts anderes hat man früher mit Werbeanzeigen in Print-Fachmagazinen verfolgt. Nur bricht die Leserschaft der meisten Printmagazine stark ein. Insofern ist das Online Marketing für B2B nichts gänzlich neues, sondern stellt lediglich einen Medienwechsel dar.
Gegenüber den teilweise extrem teuren Print-Anzeigen bietet OM zwei entscheidende Vorteile:
Zumindest die echte Reichweite ist sehr gut messbar in Form von Impressionen und Besuchern entgegengesetzt zu den theoretischen Reichweiten die Print-Verlage angeben. Selbst wenn der Verlag seine Auflage exakt beziffert, ist das noch kein Beleg dafür, dass jeder Empfänger Ihre Werbeanzeige auch gesehen hat. Eventuell hat er ja nur gezielt einzelne Beiträge gelesen und Ihre Anzeigen-Seite, die Tausende von Euro gekostet hat, schlichtweg überblättert?
Die Kosten für den Einstieg sind deutlich geringer
Als anderes Beispiel kann man die Investition in einen Stand auf einer Fachmesse heranziehen. Solch einer schlägt meistens mit einem höheren fünfstelligen Betrag zu Buche, wenn nicht sogar deutlich mehr. Doch oft geht es dann hauptsächlich nur darum gesehen zu werden. Nichts anderes verfolgt Online-Marketing an dieser Stelle ebenfalls als Ziel.
Noch schlafen viele
Momentan herrscht in vielen B2B-Nischen geringer Wettbewerb! Sei es weil man nicht an Online Marketing glaubt oder weil digitales Marketing bei B2B Spezialanbietern traditionell eine geringere Rolle spielt. Die meisten Aufträge kommen ja über persönliche Kontakte und Empfehlungen zustande. Das wird wahrscheinlich auch weiterhin so sein. Aber warum nicht zu den Vorreitern gehören? Warum nicht neue Entscheider adressieren und Aufträge einholen, die nicht nur über den klassischen Weg vergeben werden?
Quellenangabe: * = Digital Offroad, 2018. Basierend auf der wissenschaftlichen Studie von Bain & Company
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